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Regelung des Verhältnisses zu nicht-anerkannten Religionsgemeinschaften : Schlussbericht - Untersuchung im Auftrag der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich

BHT

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  • 2019
German In den vergangenen Jahrzehnten ist die religiöse Landschaft in der Schweiz und gerade auch im Kanton Zürich sowohl vielfältiger als auch sichtbarer geworden. Die Vielfalt findet ihren Ausdruck unter anderem in den zahlreichen religiösen Gemeinschaften, die den Kultus ihrer Tradition pflegen. Oft sind die Gemeinschaften auch sozial engagiert, sei es unter Glaubensgeschwistern oder im Rahmen der gesamten Gesellschaft. Die Religionspolitik des Kantons Zürich hat sich dieser Religionsgemeinschaften bisher noch nicht umfassend angenommen, nicht zuletzt, weil ein systematischer Überblick fehlte. Anderseits hat die Kantonsregierung im Dezember 2017 in ihrer Orientierung zum Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften selber festgehalten: «Zum Umgang mit verfassungsrechtlich nicht anerkannten Religionsgemeinschaften braucht es klare Handlungsgrundlagen.» Vor diesem Hintergrund beauftragte die Direktion der Justiz und des Inneren ein Forschungsteam der Universitäten Luzern und Freiburg damit, in einer Gesamtsicht darzustellen, ob und in welchen Bereichen ein Handlungsbedarf besteht. Der Auftrag bezieht sich auf diejenigen Gemeinschaften, die in den letzten Jahrzehnten vorwiegend durch Immigration entstanden sind; er lässt folglich die öffentlich-rechtlich anerkannten Kirchen (reformiert, katholisch, christkatholisch) sowie die privatrechtlich anerkannten beiden jüdischen Gemeinden, aber auch die Freikirchen ausser Betracht. Gemäss dem Auftrag richtet das Forschungsteam innerhalb des Spektrums der Religionen den Fokus auf die beiden im Kanton am zahlreichsten vertretenen Traditionen: die islamischen Gemeinschaften und die orthodoxen Kirchen; andere religiöse Traditionen werden kurz gestreift. Besonderes Augenmerk erhalten der muslimische und der christlich-orthodoxe kantonale Dachverband, da sie für den Staat die primären Ansprechpartner sind. Bei ihnen wie bei den einzelnen Gemeinschaften war vorrangig darzustellen, wie sie organisiert sind, über welche finanziellen und anderen Ressourcen sie verfügen und welches Personal die Aktivitäten massgeblich trägt. Insgesamt zeigt sich ein sehr vielfältiges Bild, gerade auch innerhalb der Religionen: Mitgliederstarke Gemeinschaften und solche, die schon lange bestehen, sind in aller Regel besser eingerichtet und gesellschaftlich breiter vernetzt als kleine oder erst vor kurzem gegründete. Die Mitglieder und zu grossen Teilen auch das religiöse Personal tragen die Organisation und übernehmen vielfältige Betreuungsaufgaben durch starkes freiwilliges Engagement. Viele Gemeinschaften wenden einen Grossteil ihrer Finanzen für Raummiete und für die oft nur begrenzte Anstellung von religiösem Leitungspersonal auf. Während es im Einzelnen noch zahlreiche weitere, sachlich begrenzte Wünsche gibt, zieht sich ein Wunsch durch zahlreiche Äusserungen von Vertreterinnen und Vertretern der befragten Gemeinschaften: der Wunsch nach Anerkennung in einem breiten, gerade auch gesellschaftlichen Sinn. Ausgehend von den Befunden der Erhebung im Feld legt das Forschungsteam auch Empfehlungen für weitere Schritte vor. Sie gehen dahin, das Bestehende, gerade auch im Bereich der Strukturen, partizipativ weiterzuentwickeln, dabei aber den Beitrag, den viele Gemeinschaften und die Dachverbände schon heute zum Wohl der Gesamtgesellschaft erbringen (Seelsorge, interreligiöser Dialog usw.), künftig konsequenter wertzuschätzen. Im Rahmen zu definierender Standards könnten diese Beiträge honoriert werden. Eine so ausgestaltete Religionspolitik könnte nach Meinung des Forschungsteams nicht zuletzt die bisher wenig produktiven öffentlichen Debatten um juristische Anerkennung von Religionskörperschaften entkrampfen. Sie lüde zugleich alle beteiligten Akteure dazu ein, vermehrt ausgehend von konkreten Bedürfnissen miteinander Lösungen zu erarbeiten.
Faculty
Rectorat
Department
Centre Suisse Islam et Société
Language
  • German
Classification
Religion, theology
License
CC BY
Open access status
green
Persistent URL
https://folia.unifr.ch/unifr/documents/327799
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