Lückenhafte Selbstregulierung der Medien – Medienethische Herausforderungen im Zuge der Ökonomisierung
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Fürst, Silke
Universität Fribourg, Departement für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung DCM
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Schönhagen, Philomen
Universität Fribourg, Departement für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung DCM
Published in:
- Studies in Communication and Media (SCM). - 2018, vol. 7, no. 3, p. 271-337
German
Die gegenwärtige Finanzierungskrise des Journalismus und die fortschreitende Ökonomisierung der Medien führen nicht nur zu einem Abbau von redaktionellen Ressourcen, sondern lassen auch Auswirkungen auf die Berichterstattungsfreiheit befürchten. Internationale Studien stellen heraus, dass sich die Arbeitsbedingungen im Journalismus verschlechtert haben und die journalistische Autonomie durch ökonomische Interessen gefährdet wird. Die Berichterstattung über medienpolitische Themen, das eigene Medienunternehmen und über Werbekunden folgt oftmals nicht journalistischen Relevanzkriterien, sondern wird durch Rücksichten auf Unternehmensinteressen geprägt. Die Mehrzahl der vorliegenden Studien untersucht dabei jeweils einen dieser drei Bereiche, so dass eine vergleichende Betrachtung erschwert wird. Angesichts der zunehmenden Ökonomisierung fehlen daher Studien, die diese Bereiche gemeinsam untersuchen und dazu aktuelle Daten vorlegen. Auf dieser Basis kann diskutiert werden, inwieweit der Journalismus die gesellschaftlichen Erwartungen an eine unabhängige und sorgfältige Berichterstattung erfüllt und Instrumente der Medienselbstkontrolle eine ausreichende Regulierung gewährleisten. Nationale Pressekodizes als zentrales Instrument der Medienselbstkontrolle werden häuig kritisch gesehen und als nur bedingt wirksam betrachtet. Jedoch wurden Pressekodizes bislang kaum detailliert analysiert sowie auf Basis speziischer medienethischer Probleme und aktueller Daten diskutiert. Diese Studie legt am Fallbeispiel der Schweiz zunächst Ergebnisse einer standardisierten Befragung von Journalisten (N = 993) zu ihren Arbeitsbedingungen und zu ökonomisch bedingten Gefährdungen der Berichterstattungsfreiheit vor. Auf dieser Basis erfolgt eine Dokumentenanalyse, die der Frage nachgeht, inwiefern der Schweizer Pressekodex hierzu Regelungen aufstellt und Journalisten Handlungs- und Orientierungsmöglichkeiten bietet. Zusätzlich werden Pressekodizes aus zehn Ländern vergleichend analysiert. Die Befragung zeigt, dass Schweizer Journalisten für das Recherchieren und Schreiben von Beiträgen deutlich begrenzte Ressourcen zur Verfügung stehen und die Berichterstattungsfreiheit in allen drei untersuchten Bereichen stark eingeschränkt ist. Diese Probleme haben sich aus Sicht der Journalisten in den letzten fünf Jahren leicht verschärft. Wie die Analyse des Schweizer Pressekodex verdeutlicht, wird die Verantwortung für guten Journalismus fast ausschließlich an die Redakteure delegiert. Konlikte zwischen ethischen Anforderungen und ökonomischen Interessen des Medienunternehmens werden kaum behandelt. Die aufgestellten Forderungen nach journalistischer Unabhängigkeit und ausreichenden redaktionellen Ressourcen bleiben überwiegend allgemein und sind zudem von Widersprüchen geprägt. Damit wird die Selbstregulierung in der Schweiz den aktuellen Herausforderungen nicht gerecht – könnte aber durch Regelungen verbessert werden, die in europäischen sowie US-amerikanischen Pressekodizes bereits verankert sind.
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Faculty
- Faculté des sciences économiques et sociales et du management
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Department
- Département des sciences de la communication et des médias
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Language
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Classification
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Information, communication and media sciences
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License
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License undefined
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Identifiers
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Persistent URL
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https://folia.unifr.ch/unifr/documents/307654
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